Sonntag, 15. Juni 2008
Haldengeschichten
Hallo Alle!

Wir haben es ja schon am Dienstag angedeutet und jetzt folgt das ausführliche Ergebnis unseres Besuches beim Kohlscheider Heimatverein. Unser Dank gilt ins Besondere Frau Karin Busch, die uns als ehemalige Vorsitzende des Vereins sehr hilfsbereit unterstützt hat.



Nach einem kurzen Überblick über die Kohlscheider Geschichte, von ersten Siedlungen über die Grafen und Verwalter auf der Burg Heyden bis zur offiziellen Namensgebung „Kohlscheid“ im Jahre 1908, was in diesem Jahr mit einigen 100 Jahr Festlichkeiten geehrt werden soll. Weit vor 100 Jahren allerdings beginnt die Bergbaugeschichte zwischen Wurm und Soers. Schon im 13. Jhdt. werden erste Abbaustellen dokumentiert und die für uns interessante Grube Laurweg, die für die Aufschüttung der Halde Wilsberg hauptverantwortlich ist, geht auf das ausgehende 16. Jhdt. zurück. Wobei die industrielle Förderung ihre Höhepunkt Anfang des 20. Jhdt. durch Zusammenlegungen des Inde- und Wurmrevieres fand.



Die Grube Laurweg umfasste nach umfangreichem Ausbau das Gebiet zwischen Roermonderstraße im Westen, der Weststraße im Norden, der heutigen Ebertstraße im Osten und der Kaiserstraße im Süden.





Laurweg wurde damit der zentrale Förder- und Veredelungsstandort im Revier. Man förderte zu Höchstzeiten mit 1.195 Bergleuten rund 436.000 Tonnen Anthrazitkohle für den Hausbrand.



Übertage wurde ein Gleissystem angelegt, über welches die Halde Wilsberg per Benzinlok quer über die Roermonderstraße beschickt wurde. Ungefähr an der Ecke Englerthstraße und Burckhardtstraße wurde der Abraum von der Eisenbahn auf Förderbänder umgeladen, die dann die Bergen auf dem Haldenrücken verteilten. Des weiteren entstanden durch die Kohlenwäsche neben der Halde Schlammteiche. Auch der Amstelbach wurde im Laufe der Haldenaufschüttung durch Kanalisierung unter die Halde verlegt.
Durch die Kriege stark gebeutelt, erholte sich die Grube Laurweg nach dem 2.WK ungewöhnlich schnell. Die letzte Förderungsphase dauerte bis 1960 an. In diesem Jahr wurde die Förderung in Kohlscheid eingestellt und die Schächte dann 1966 verfüllt. Lediglich die Brikettfabrik arbeitete bis 1976. Mit der Grubenschließung war auch das Wachstum der Halde beendet. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Halde ein weit größere Ausdehnung in alle Richtungen als heute.



In den folgenden Jahren darf die Halde nicht betreten werden, das sich der Abraum erst setzten muss (Vgl. Halden in Alsdorf und Umgebung).



Dennoch wird die Halde in der Zeit der Ölkrise auf der Suche nach Kohle betreten und erneut umgeschichtet, wodurch gerade angesiedelte Vegetation wieder verschwand uns somit erneut ein schwarzer Berg in Kohlscheid über die Häuser ragte.



1989 wurden die Gebäude der Grube Laurweg mit der Errichtung des heutigen Technologieparks abgerissen und nur das ehemalige Zechenhaus (heute Firma Ericson) blieb erhalten. Sechs Jahre später entschloss man sich das Haldengeländen umzugestalten. Die Halde wurde stark verkleinert (in Höhe und Fläche) und das so gewonnene Gelände als Baugrund für die Wilsberg- Siedlung genutzt. Die Reste der Halde wurden begrünt und mit einem Weg erschlossen. Auf dem höchsten Punkt installierte man eine Windrose aus Kalkstein. Den Plan die Ost- und Südseiten mit einer Freitreppe zu versehen, ließ man allerdings schnell wieder fallen und begrünte die Halde stattdessen nur. Der Amstelbach wurde wieder frei gelegt und bildet nun ein Feuchtbiotop am Fuße der Halde. Die Schlammteiche blieben allerdings erhalten und werden heute von einem Anglerverein aus Kohlscheid genutzt.





Neben dem historischen Abriss der Enstehungsgeschichte der Halde Wilsberg, floss im Gespräch auch immer wieder ein, dass Frau Busch und der gesamte Heimatverein Kohlscheid sehr enttäuscht sind über die Entwicklung in der die Stadt Herzogenrath die Bergbauvergangenheit des Stadtteils Kohlscheid behandelt. Selbst im Rahmen der Euregionale 2008 findet man in keinen Publikationen Anhaltspunkte über die Kohleförderung im Wurmrevier. Wie euch auch schon aufgefallen sein dürfte, prahlt der weiße Weg auch nicht mit dieser Vergangenheit, obwohl große Teile des Aachener Umlands unterirdisch „durchlöchert sind. Der Heimatverein ist zwar bemüht auf der Halde Wilsberg Schilder mit der Geschichte der Halde zu installieren, fürchtet aber den Vandalismus der aufgrund der abgeschiedene Lage leicht entstehen kann.

Für unsere Untersuchungen ergibt sich hieraus ein tragfähiges Fundament für unsere Thesen.
Aus den persönlichen, subjektiven Darstellungen und emotionalen Verbundenheit von Frau Busch und fundiertem und belegbaren Wissen um die Geschichte in Kohlscheid ergibt sich ein profundes Bild der Zusammenhänge rund um den Wilsberg. Vielen Dank noch mal an Frau Busch und den Heimatverein Kohlscheid 1932 e.V. für die Mühe.

viele Grüße

W&L

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Es gibt auch Gegenbespiele
Sowohl in Alsdorf als auch in Baesweiler, wurde die Kohleförderung im Rahmen der Euregionalen berücksichtigt.
In Alsdorf sieht man es natürlich viel stärker als in Baesweiler (alter Förderturm, alte Zechengebäude, angrenzendes Bergbaumuseum). In Baesweiler war man in den Jahren nach der Zechenschließung sehr gründlich was die Beseitigung der alten Anlagen angeht, heute stehen nur noch ein (zwei?) alte Gebäude auf dem Gelände.
In beiden Städten erinnert heute zumindestens noch der Name der Projekte an die Vergangenheit (Annapark, Carl Alexander Park)

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Da habt Ihr offensichtlich eine sehr ergiebige Quelle aufgetan. Ein sehr detailreicher und gut recherchierter Bericht, der ein gutes Fundament für Eure anderen "Forschungsergebnisse" darstellt!
Viele Grüße, Florian & Ulrich

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