Mittwoch, 18. Juni 2008
Wann ist eine Landschaft schön? oder besser: Wann wird ein Ort als landschaftlich schön wahrgenommen?
Wann ist eine Landschaft schön? oder besser
Wann wird ein Ort als landschaftlich schön wahrgenommen?


Hallo ,
wie interessant! Fast zeitgleich haben wir uns auch mit den oben genannten Fragestellungen beschäftigt.

Wir haben festgestellt, dass es nicht so einfach ist, sie zu beantworten. Der Stadtmensch auf der Flucht vor Abgasen und Verkehrslärm genießt neben der „ frischen Luft“ hauptsächlich die „Schönheit der Natur“. Die möglichst abwechslungsreiche Landschaft sorgt für Erholung.
Wir haben mehrere Personen (Eltern, Kinder, Jugendliche und ältere Menschen) gefragt:
„ Wann ist eine Landschaft schön?“
So unterschiedlich wie die Personen, so unterschiedlich waren auch die Antworten. Der eine mag mehr die Berge, der andere mehr das Meer und den Strand. Es macht prinzipiell keinen Unterschied, ob es sich um Wald, Heidelandschaften oder um Uferregionen von Flüssen, Bächen oder Seen handelte.
Es wurde ganz klar, dass es sich bei dem Begriff „Schönheit“ und mit dem damit verbundenen ästhetischen Empfinden einer Landschaft um relative Begriffe handelt, die abhängig sind von persönlichen Vorlieben und sogar Moden auf der einen Seite und von gesellschaftlichen Entwicklungen auf der anderen Seite.
Nicht nur eine Landschaft selbst, sondern auch deren Wahrnehmung durch den Menschen im Wandel der Zeit verändert sich. Kognitive und emotionale Vorstellungen und Landschaftserfahrungen prägen den Menschen und seine subjektive Wahrnehmung von Landschaft.
Veränderungen innerhalb einer Landschaft lassen sie uns immer wieder neu bewusst werden. Schon kleine Nuancen (Beispiel Beschreibung der Veränderung der Erdbeere) erregen unsere Aufmerksamkeit.

Es ist immer wieder faszinierend festzustellen, wie unterschiedlich ich den Garten zuhause bei meinen Eltern empfinde. Dieser große Garten ist irgendwie selbstverständlich für mich und es gibt Tage, da nehme ich ihn kaum wahr. Umso erstaunlicher ist es, wenn ich z.B. nach einer Urlaubsreise zurück nachhause komme. Das satte Grün der Bäume, der Hecke, und Sträucher empfinde ich viel intensiver als sonst. Grün ist, so habe ich in der Farbensymbolik mal gelesen, Leben und Wachstum.

Entscheidend scheint also zu sein, möglichst abwechslungsreiche Eindrücke von Landschaft aufzunehmen, um sie als schön und besonders zu empfinden.

So erzählte mir meine Mutter, die aus dem Sauerland kommt, dass sie früher als Kind das Leben am Biggesee zwar genossen habe, aber diese Eindrücke eher selbstverständlich für sie waren. Die wirkliche Schönheit dieser Mittelgebirgslandschaft, den Reiz von Bergen im Zusammenhang mit Wasser hat sie erst später, als sie es nicht mehr täglich sah, wirklich als besonders schön und reizvoll wahrgenommen.
Als mein Vater erstmalig auf der Insel Lanzarote gelandet war, kam ihm die Landschaft eher befremdend vor, der Anblick der rotbraunen Lavasteine war ungewohnt für ihn. Doch schon sehr schnell, als er sich die Insel mit all den Besonderheiten (Höhlen , dunkler Sand,… ) ansah, war er von dieser Landschaft fasziniert.

Die Gespräche mit den Kindern ergaben, dass für sie Erlebnis- und Spielräume schöne Orte in der Natur darstelllen. Dort wo sie andere Spielmöglichkeiten haben, z.B. Hütten bauen im Gebüsch, als dies auf den eigens angelegten Spielplätzen der Fall ist.
Jugendlichen Landschaft näher zu bringen ist schwierig. Sie sitzen lieber vor dem Computer. Wenn überhaupt, dann ist Landschaft für sie ein Ort, an dem sie sportlich aktiv sind. Sie kennen gute Laufstrecken (z.B. Lauftrainingsstrecken am Lousberg),) Seen auf denen man gut surfen kann oder schöne Wintersporturlaubsorte.

Unsere Gespräche mit älteren Menschen haben gezeigt, dass sie einen intensiveren Blick für Details in der Landschaft haben. Sie besitzen eine größere Artenkenntnis und haben mehr Ruhe, um das Leben in der Natur zu beobachten. In einer Unterhaltung mit einem älteren Bauern in der Soers entdeckte dieser plötzlich mit großer Freude einen hier heute eher seltenen Eisvogel am Wildbach.

Zusammenfassendes Ergebnis der Befragungen:

Die möglichst abwechslungsreiche Landschaft wird als schön wahrgenommen und sorgt für Erholung.
Natur wird meistens ganzheitlich wahrgenommen, aufgrund des ästhetischen Empfindens aber auch der Umweltbildung unterscheidet der Betrachter zwischen „hässlicher“ und „schöner“ Natur.
Natuererleben und das Erkennen landschaftlicher Ästhetik ist eine Bereicherung für jeden
und fördert das psychische Wohlbefinden. Deshalb ist es wichtig die schöne Landschaft in der Soers für die Stadtmenschen zu erhalten.
Der Wunsch nach „schöner Landschaft“ ist ein wichtiger Faktor in der Diskussion um die Schutzwürdigkeit von Stadtnatur.


Viele Grüße

Christoph und Jiakun

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"Schöne" Recherche subjektiver Wahrnehmungen, die objektiv wiedergegeben werden.
Auch die Überlegungen zur Schutzwürdigkeit der Stadtnatur sind ein guter Gedanke:
§ 1 des Bundesnaturschutzgesetzes definiert als Ziele ausdrücklich die dauerhafte Sicherung der "Vielfalt, Eigenart und Schönheit" von Natur und Landschaft. Die drei Begriffe umschreiben sehr gut, was dort eigentlich schützenswert ist, wie wir finden. (Auch sonst sind unsere Gesetze, so auch das BNatSchG sehr lesenswerte Werke...)
Viel Grüße, Florian & Ulrich

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