Samstag, 21. Juni 2008
Dem „Schönen“ auf der Spur
Teil 1

Zu der -nur augenscheinlich einfachen- Frage, wo es schön sei, wurden - wie ich finde - von vielen Gruppen schon sehr treffende Antworten geleistet.
Bedingungen, die Schönheit evozieren, seien etwa „Abwechslungsreichtum“ - auch „Wechsel der Perspektive“ -, „(positive) Emotionen“, „(stimmige) Atmosphäre …, um nur einige von ihnen zu wiederholen. Auch die „Relativität“ solcher Wahrnehmungen wurde betont.

Meiner Ansicht nach lässt sich landschaftliche Schönheit schwer fassen oder gar quantifizieren.

Es wäre wohl absurd zu behaupten, acht Bäume in Reihe wären schön, neun dagegen nicht, oder ein Berg mit einer Steigung von 35 Grad wäre schön, einer mit 37,5 nicht mehr, ein sattes Grün wäre einem pastellenen Grün vorzuziehen oder umgekehrt (wobei die Unterscheidung feiner Farbnuancen ja schon ein gewisses Problem aufwirft) … uns so weiter, und so fort.

Landschaftliche Schönheit muss also irgendwo anders zu suchen sein.

Hmmm. Ich muss zugeben, dass ich diese Frage nicht abschließend beantworten kann.

Dennoch kann ich für mich persönlich bestätigen, dass Abwechslung vielleicht keine hinreichende, doch aber eine notwendige Bedingung von „Schönheit“ darstellt. Überhaupt erkennt man ja erst durch Kontraste: kein Licht ohne Schatten, kein Schatten ohne Licht …

Eine Reise durch Marokko ist in meinen Augen solch ein Beispiel für Abwechslungsreichtum. Das Land erstreckt sich in nordöstlicher -südwestlicher Achse sehr weit, quer dazu weist es jedoch relativ geringe Distanzen auf. Im Norden säumt die wunderbar lange Meeresküste des Nord-Atlantiks das marokkanische Festland, im Süden bildet das Atlas-Gebirge eine rettende Grenze. Es hindert die Sahara daran, Marokko und die anderen Maghreb-Länder zu verschlingen. So lassen sich bei einer Fahrt „quer“ durchs Land, von Ouarzazate über Marrakesch nach Essaouira etwa, in ziemlich kurzer Zeit die verschiedensten Topografien und Vegetationen auskundschaften.

Ach ja, und wenn ich aus Marokko zurückkehre, dann freue ich mich über das vertraute, üppige Grün des Heimatlandes.


Und jetzt „Schönheit“ ex negativo (auch am Beispiel Marokkos): Nicht schön, beim besten Willen nicht, sind die Müllberge, die – fehlenden – Kläranlagen, die Abgase und der Lärm unzähliger Autos und überhaupt das ganze Ausmaß an Umweltverschmutzung, das in marokkanischen Städten (im Falle des Mülls auch auf dem Lande) nicht zu übersehen, überriechen und überhören ist.

Teil 2

Wie unterschiedlich Wahrnehmung doch sein kann, zeigt sich an folgendem: Als ich meiner Mutter vor ein paar Jahren erzählte, ich wolle nach Helgoland reisen, um dort einige Tage das weite, offene Meer zu genießen, sah sie mich sehr überrascht an und gab zu Bedenken, dass es dort sehr, sehr, sehr langweilig sei und ich nach ein paar Stunden vermutlich wieder zurückkehren wollte. Die Insel sei viel zu klein und in einer Stunde zu Fuß hätte man sie schon komplett umrundet. Mit der Langeweile hatte sie sich aber sehr getäuscht, denn ich empfand die Insel als spektakulär und hätte ruhig noch etwas länger bleiben können, wenn auch nicht mein ganzen Leben lang.
Offensichtlich spielt also auch der Erkundungsspielraum eine gewisse Rolle. Für manch einen bietet sich Vielfalt schon auf sehr begrenztem Raum, ein anderer bewegt sich lieber in weiter, „unendlich“ erscheinender Landschaft.

Teil 3

Der schönste Ort in der Soers? – In unseren Augen: unser Untersuchungsgebiet. Wir haben es ja nicht grundlos ausgewählt.

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An dieser Stelle ein paar Lesetipps für alle, die an Gedanken über Schönheit im Allgemeinen und der Landschafsästhetik im Speziellen interessiert sind:

Hans Wöbse (2003): Landschaftsästhetik. Stuttgart (Verlag Ulmer)

Isabel Augenstein (2002): Die Ästhetik der Landschaft. Ein Bewertungsverfahren für die planerische Umweltvorsorge. Berlin (Weißensee-Verlag)

Zutz, Axel (Hg.) (2006): Kulturen der Landschaft. Ideen von Kulturlandschaft zwischen Tradition und Modernisierung. [Band 127: Landschaftsentwicklung und Umweltforschung. Schriftenreihe der Fakultät Architektur Umwelt Gesellschaft.] TU Berlin

Oder auch das Gegenteil von Schönheit in einem "Klassiker":

Karl Rosenkranz (1853/1996): Ästhetik des Häßlichen. 2., überarb. Aufl., d. Ausg. Königsberg 1853. Leipzig (Reclam-Bibliothek 1555)

Viele Grüße
Ulrich & Florian

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