Sonntag, 22. Juni 2008
Unsere Eindrücke von den Kunstwerken der Temporären Gärten und unsere Idee einer Stadtlandschaft am Aachener Hauptbahnhof
Unsere Eindrücke von den Kunstwerken der Temporären Gärten
und unsere Idee einer Stadtlandschaft am Aachener Hauptbahnhof

Verändern sie die Landschaft bzw. die Landschaftswahrnehmung?
Ja, die Installationen werden von den Spaziergängern wahrgenommen und hinterfragt. Das sonst als selbstverständlich gesehene, gewohnte Landschaftsbild erlangt durch die Gestaltung durch die verschiedenen Künstler neues Interesse. Die Spaziergänger, sowohl die Passanten, die zufällig vorbeikommen, als auch diejenigen, die bewusst die Temporären Gärten anschauen, kommen ins Gespräch. Sie tauschen sich aus über diese Landschaft in der Soers und über die Kunstwerke. Diesen sozialen Aspekt, Kommunikation zwischen den Menschen über Wahrnehmung von Landschaft und künstlerisches Gestalten zu fördern, fanden wir beeindruckend.



Wirken sie wie Fremdkörper oder sind sie Teile der Landschaft?
Die Zelte (GLOBAL VILLAGE, 9) wirken zunächst einmal unauffällig.
Die 3000 „Blüten“ am Wildbach (NATÜRLICH KÜNSTLICH, 8) erscheinen von weitem als natürlich gewachsen und erst beim näheren Betrachten erkennt der Betrachter die künstlichen Becher und Löffelchen, die dann die Assoziation an Abfall und Wegwerfgesellschaft zulassen.





Die WIESENKÜCHE(6) erscheint uns und den Spaziergängern, mit denen wir uns unterhalten haben, als ein Erlebnis der besonderen (köstlichen) Art. Entführt in eine andere Zeit, fasziniert über die Vielzahl der Kräuter und deren wunderschönen Gerüche fühlen sich hier die Menschen wohl. Karola Schlegelmilch und ihre Wiesenküche passen sehr gut in das schöne Soerstal und sind für die Stadtmenschen eine Bereicherung.



Auch die roten Sitzgelegenheiten (ROUGE en VERT, 4) harmonieren sehr gut mit der Landschaft. Ihr einladender Charakter an diesem etwas düsteren, aber sehr geheimnisvollen Ort im Soerstal hat ebenfalls großen Eindruck auf die Besucher gemacht. Schade, dass die Idylle an dieser Stelle durch die vielen Mücken etwas gestört wird.





Die differenzierte Betrachtung der verschiedenen Installationen führt uns auch zum Blumenteppich (THE FLYING GRASS CARPET, 2) am Soerser Weg. Dieser künstliche Blumenteppich auf der echten, natürlichen Grasfläche fällt nicht so sehr ins Auge. Wir trafen dort eine Familie, die es sich dort für eine kurze Zeit gemütlich machte, doch eines der Kinder hob sofort die Kante der künstlichen Grünfläche hoch, um zu schauen, wie es denn darunter aussah. Die natürlichen Bodendeckerpflanzen waren braun geworden, Fotosynthese kann dort nicht mehr stattfinden und auch den Bodenlebewesen der obersten Bodenschichten wird diese Installation nicht gut tun:







Unser Alternativvorschlag:
Wie wäre es, diesen „ornamentalen Teppich aus künstlichen Grasfasern“ auf dem großen steinernen Vorplatz des Aachener Hauptbahnhofs auszulegen?
Wir sind überzeugt, dass auch dort die Menschen Platz nehmen werden, sie würden ins Gespräch kommen über Themen wie Landschaft, Kunstwerke und Stadtgestaltung – eine anregende „Stadt-Landschaft“ für Aachener und Reisende. Ein Hinweis auf das Projekt der Temporären Gärten im Soerstal würde zusätzlich Besucher in die Soers locken.



Erregen die Kunstwerke Aufmerksamkeit?
Als ich in der vergangenen Woche durch den Strüver Weg ging, „erschienen“ mir zwei Frauen in weißen Kitteln, einen kleinen Wagen hinter sich herziehend. Die Menschen in den vorbeifahrenden Autos schauten erstaunt. Diese Situation erregte Aufmerksamkeit, ein bisschen Science-Fiction-Atmosphäre. (The Modesty of Moss)


Die KNOPFGESCHICHTEN (10) erzählen viel über das Leben der Stadtmenschen in Aachen in vergangenen Jahren. Sie erregen Aufsehen auch mit ihrer Ausstellung im Rahmen der ECHOLOT-Veranstaltung im Ludwig Forum.


Sind die Kunstwerke leicht zu finden?
Die Besucher der Temporären Gärten können die meisten Installationen gleicht finden. Der Plan ist außerdem eine gute Hilfe zur Orientierung.


Was waren die Intentionen der Künstler?
Grundsätzlich ist es den meisten Künstlern gelungen die Aufmersamkeit der Besucher auf ihre Kunstwerke und die damit verbundene Landschaftsveränderung bzw. neuen Wahrnehmung von Landschaft zu richten. Die Aussagen der einzelnen Projekte unterscheiden sich natürlich, aber gerade diese verschiedenen Ansätze machen den Reiz aus, um einen neuen, bewussteren Zugang zu Natur und Stadt-Landschaft zu finden.


Was sagen die Künstler dazu?
Die Künstler, mit denen wir gesprochen haben, haben ihre Installationen und die damit verbundenen Ambitionen sehr authentisch vermittelt. Es hat uns Spaß gemacht, uns mit den Künstlerinnen und Künstlern auszutauschen.
Wir hatten allerdings den Eindruck, dass sich einige Künstler wünschen, dass mehr Besucher in das Soerstal kommen.


Fazit:
Die Temporären Gärten sind eine Bereicherung, denn sie lenken die Aufmerksamkeit der Menschen aus der Stadt auf die sie umgebende Landschaft. Das Soerstal wird sicherlich von vielen Stadtbewohnern bewusster wahrgenommen und die Temporären Gärten bringen Menschen ins Gespräch – in der heutigen schnelllebigen Zeit eine äußerst wertvolle soziale Funktion.



Liebe Grüße
Jaikun und Christoph

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Das ist in der Summe ja schon so etwas wie eine erste summarische "Ausstellungskritik" der temporären Gärten. Interessant auch Euer Alternativvorschlag, der im Ergebnis vielleicht ein bisschen an den Raiffeisenplatz in St. Gallen erinnern würde.



Viele Grüße
Ulrich & Florian

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