Montag, 14. Juli 2008
Abschlussstatement
1. Einleitung

Als wir zur Einführungsveranstaltung des Seminars Pfadfinder am 15.04.2008 erschienen sind, wussten wir noch nicht, was uns erwartet. Wir dachten an die gewöhnlichen, uns bekannten Seminare, in denen man die gesamte Zeit in einem Seminarraum verbringt und sich lediglich mit theoretischen Dingen auseinandersetzt. Aber schon bei der Verteilung der Aufgabenstellungen wurden wir stutzig, dass es im Rahmen eines Uni-Seminares möglich ist, sich Woche für Woche an der frischen Luft aufzuhalten und die Ergebnisse der Aufgaben in einen Onlineblog zu stellen. Es war ein guter Kompromiss zum typischen Seminar. Dementsprechend schnell konnten wir uns für unser Pfadfinderseminar begeistern und haben uns gleich unseren Ort, den Obeliskenplatz gesucht. Im Folgenden möchten wir zuerst unsere Erkenntnisse bezüglich unseres Ortes erläutern, später dann darauf eingehen, wie wir die Stadt- Landschafts- Reise empfunden haben und was wir für uns im Allgemeinen, nicht bloß auf den Obeliskenplatz bezogen, aus dem Seminar mitnehmen konnten.

2. Unser Obeliskenplatz

Viele Stunden haben wir rund um den Obelisken am Paulinenwäldchen verbracht. Wir haben die unterschiedlichsten Gefühle mit ihm verbunden. Mal waren wir mit guter Laune dort, mal mit schlechter, mal ganz allein, mal mit Freunden, mal sehr motiviert, mal lustlos. Wir konnten unseren Ort unter den verschiedensten Bedingungen untersuchen und haben für uns zwei größere Erkenntnisse gewonnen:

1.Verbindung Zivilisation-Natur (Stadt-Land)

2.Unterschiedliche Wahrnehmung / Schulung der Wahrnehmung.

2.1 Verbindung zwischen Zivilisation und Natur

Als wir uns den Obeliskenplatz als Untersuchungsort ausgesucht hatten, war das eher ein Zufall. Wir haben auf nichts Bestimmtes geachtet, da zu dem Zeitpunkt unsere Wahrnehmung noch nicht geschult war. Erst mit dem Durcharbeiten der Aufgabenstellung Woche für Woche veränderte sich das Bild der Landschaft und es taten sich neue Blicke auf. Dies entspricht genau dem Gedanken der Promenadologie, dass zum einen ein Landschaftsbild erst durch den kulturellen Hintergrund entsteht und zum anderen, dass man seine Wahrnehmung über das bloße Sehen hinweg erweitert.
Durch diese beiden Leitaufgaben konnten wir die oben genannten Erkenntnisse gewinnen. Da wir uns schon so an Verkehrsgeräusche gewöhnt hatten, haben wir die Autobahn, die sehr nah am Obeliskenplatz vorbeiführt, zuerst gar nicht wahrgenommen. Erst mit dem „erweiterten Hören“ hörten wir sie.
Im Abschluss an unsere Untersuchungen stellten sich uns nun zwei Fragen: 'Inwiefern werden die Einwohner von der Autobahn belästigt und könnte die Stadt dagegen vorgehen?' und, ‚Stört uns als Spaziergänger in der Freizeit der Verkehrslärm?'
Die erste Frage ist spontan nicht zu beantworten, denn dafür müsste man weitere Forschungen anstellen, z. B. in Zusammenarbeit mit Medizinern. Aus Messungen mit Lautstärkemessern könnten Karten erstellt werden, die den Einflussbereich des Autobahnlärms anzeigen und eventuell auch, in welchen Bereichen die Lärmbelastung so hoch ist, dass z. B. mit Schallschutzmauern dagegen interveniert werden muss.
Die zweite Frage dagegen können wir nach unseren Erkenntnissen beantworten. Wir denken, die Antwort wird nein lauten - zumindest für die meisten Spaziergänger, denn wir denken, dass sie, genau wie wir am Anfang, die Landschaft nicht genau wahrnehmen und sie sich auch zu sehr an den Verkehrslärm gewöhnt haben.
Auch wenn es in dem Seminar und in der Promenadologie mehr um die Zusammenhänge zwischen Stadt und Land geht, möchten wir diese Erkenntnisse die Nähe zwischen Natur und Zivilisation nennen.
Besonders auffällig war dieser Gegensatz für uns, wenn man den Weg „Zum blauen Stein“ hinunter zum Obelisken geht und von links Vögel und Blätterrauschen, von rechts hingegen die doch sehr laute Autobahn hört.

2.2 Unterschiedliche Wahrnehmung

Auch sehr auffällig war für uns die unterschiedliche Wahrnehmung bei verschiedenen Personen und unter verschiedenen Bedingungen.
Nachdem wir immer öfter den Ort besucht hatten nahmen wir auf einmal ganz andere Dinge war und konnten nun auch weiterführende Fragen für uns beantworten: Wie passt der Ort in die Landschaft? Wie wird die Umgestaltung im Rahmen des Weißen Weges die Situation des Ortes verbessern und wie wird er sich ins Landschaftsbild einfügen können?
Eigentlich ist der Ort sehr natürlich mit Wäldern und Weiden und der Obelisk sowie auch die kleine Sitzgruppe passen sehr gut in die Landschaft. Aber der Parkplatz und die Unordnung passen nicht in das Bild. Die Umgestaltung könnte unterschiedliche Folgen haben. Einerseits wird Ordnung in das Bild kommen, was uns persönlich auch sehr gefallen würde, andererseits denken wir, dass man mit diesem großen Eingriff des Menschen und die Umgestaltung der Natur Gefahr läuft, dass der Obelisk und der Platz um ihn herum nicht mehr in die Natur passen, sondern mehr zur Zivilisation gehören.

Die Wahrnehmung der Menschen, die wir befragt hatten, war spontan und nicht überlegt. Die Spaziergänger fanden es schön, sie nahmen in der kurzen Zeit die Parkplätze und den Straßenlärm nicht war. Außerdem waren sie in ihrer Freizeit da, also freiwillig. Ganz anders war die Wahrnehmung der Anwohner, sie fanden den Ort nicht schön und störend in dem Landschaftsbild. Wahrscheinlich werden sie die Veränderung begrüßen.

3 Die Stadt-Landschaftsreise

Die Stadt- Landschafts- Reise war ein gelungener Abschluss und für uns der Höhepunkt des Seminars. Es hat uns Spaß gemacht, all unsere Erkenntnisse so aufzubereiten, dass wir sie den anderen Seminarteilnehmern verständlich vorstellen konnten. Zudem hat die intensive Beschäftigung mit dem Thema kurz vor der Reise nochmals dazu geführt, dass auch wir selbst völlig neue Eindrücke und Erkenntnisse gewinnen konnten. Auch wenn das Wetter leider kaum mitgespielt hat, war es eine tolle Erfahrung, all unser neu gewonnenes Wissen an den Orten der anderen Teilnehmer anwenden zu können. An dieser Stelle möchten wir uns auch noch einmal bei Nina bedanken für die tolle Organisation, die guten Einfälle und die Einblicke in das Pfadfinderdasein. Es war toll, die Orte der anderen endlich einmal zu sehen, nachdem man schon so viel über sie gelesen oder auch Fotos gesehen hat. Gerade das hat die Reise für uns so interessant gemacht. Wir waren überrascht, wie viele unterschiedliche Methoden gefunden wurden, um mit den Orten umzugehen, aber auch die Ergebnisse zu präsentieren. Man hat doch die eine oder andere Ecke kennen gelernt, die man noch nicht kannte (und wir als Geographen haben schon einige Aachen Exkursionen hinter uns).

4 Was nehmen wir aus dem Seminar mit?

Der Begriff Promenadologie war uns vor diesem Seminar völlig fremd. Auch in Gesprächen mit unseren Verwandten und Freunden fiel auf, dass bislang noch niemand von dieser Wissenschaft gehört hatte und wir doch eher belächelt wurden als wir am Anfang von dem Seminar erzählten. Doch spätestens nach unserem ersten Spaziergang mit Bertram Weisshaar haben wir gesehen, dass Landschaft nicht einfach nur Landschaft ist. Im Nachhinein wurde uns klar, wie blind oder auch taub wir bislang spazieren gegangen sind und wieviel wir im Grunde dadurch schon verpasst haben. Wie bereits angesprochen, konnten wir im Laufe des Seminars unsere Wahrnehmung schulen bzw. erweitern. Zuvor haben wir immer nur den Ort, an dem wir uns aktuell aufgehalten haben, den Weg, den Baum oder die Kuh wahrgenommen. Mittlerweile versuchen wir, die Gesamtheit der Landschaft zu erfassen.
Gerade durch die Konflikte, die unser Ort bei den Anwohnern und Besuchern auslöste, konnten wir nicht nur den räumlichen Zusammenhang zwischen Stadt und Landschaft, hier ausgedrückt durch die Nähe zur Autobahn mit dem daraus resultierenden Lärm, erkennen, sondern uns auch intensiv mit den sozialen Zusammenhängen auseinandersetzen. Es war sehr interessant durch unseren Fragebogen festzustellen, wie unterschiedlich und auch situations- oder umfeldabhängig die Wahrnehmung der Menschen ist.
Eine weitere Bereicherung war für uns der Kontakt zum Planungsbüro, das sich mit der Umgestaltung unseres Ortes beschäftigt. Die Einblicke, die die Planer uns gewährt haben, waren spannend und hilfreich, denn durch sie wurden die Erkenntnisse, die wir aus den Fragebögen gewinnen konnten, bestätigt. Es besteht eindeutig Handlungsbedarf, der demnächst gedeckt wird.

5 Fazit

Das Seminar Pfadfinder war für uns in dieser Form sehr neu, das uns zuerst überrascht und danach begeistert hat. Wir konnten uns weg von der Theorie und hin zur Praxis bewegen und mussten trotzdem keine Einbußen machen, was das Lernen und die Erkenntnisgewinnung angeht. Für uns war eher das Gegenteil der Fall. Es machte uns viel Spaß selbstständig Material zu finden und unseren Ort zu untersuchen. Das Seminar hat uns besonders gezeigt wie viel wirklich hinter einem einzigen Ort mit wenig Ausstattung stecken kann. Zu Beginn gingen wir, davon aus dass es uns Schwierigkeiten bereiten würde, diesen Orte genauer zu analysieren weil wir auf dem ersten Blick nur sehr wenig Potential sahen. Da wir aber frei arbeiten konnten und alle Ideen einfließen lassen konnten, kamen wir sehr rasch zu einer Reihe von verschiedenen Ideen. Durch den praxisnahen Umgang mit Stadt und Landschaft haben sich uns völlig neue Perspektiven geöffnet. Wir konnten neue Zugänge zur Wahrnehmung gewinnen und haben gelernt, dass es Sinn macht, sich über Wochen hinweg immer wieder und wieder mit dem gleichen Thema auseinanderzusetzen. Denn nur so kann man seine Erkenntnisse soweit verdichten, dass es möglich ist, sich eine Meinung zu bilden und diese vor anderen zu vertreten. Auch wenn uns die Wochenaufgaben mal mehr, mal weniger Freude bereitet haben, so hat doch jede einzelne im Nachhinein Sinn gemacht und Spuren hinterlassen. Wir freuen uns schon jetzt darauf, wenn wir das erste mal den Obeliskenplatz in strahlendem Weiß erblühen sehen :)

Liebe Grüße,
Katharina, Anna und Jenny

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