Dienstag, 15. Juli 2008
Abschlussstatement
Nun sind wir endlich da! Nach etlichen Spaziergängen, 13 Kalenderwochen und ca. 160 Beiträgen sind wir nun „fertig“. Eigentlich müssten wir uns an Gefühle dieser Art schon längst gewöhnt haben. Schließlich haben wir uns in der Welt der Studenten schon lange eingelebt. Aber genauso ungewöhnlich wie die Veranstaltung war, ist auch das Gefühl danach, welches uns dazu treiben soll unser Abschlussstatement auszuarbeiten.
All die Herausforderungen und Fragen die wir mit Hilfe der Aufgabenstellung ausgearbeitet haben führen nun zu der zusammenfassenden Frage: Was haben wir in diesem „Seminar“ eigentlich gelernt? Zugegebenermaßen reflektiert diese Zusammenfassung nach unserer Diskussion mit Steffie, eher meine persönliche Sicht. Steffie war geneigt die Dinge differenzierter zu betrachten. Und somit haben wir uns entschieden bei unserem Abschlusstatement die sogenannte „top-down“-Methode für die Bearbeitung der Fragestellung zu benutzen: Von der allgemeinen Frage, bis die Aufspaltung in Teilbereiche.
Diese Veranstaltung hatte für uns 5 Creditpoints. Für soviel Punkte müssten wir normalerweise entweder 20 Seiten Hausarbeit, mit mindestens 10 bearbeitete Quellen, und Graphiken und Tabellen und Interviews schreiben, oder unseren Weg durch 500 Seiten Skript- und Buchseiten finden um im Schreibmarathon, eine einstündigen Prüfung heil und mit ein später für die „Unternehmensberater“ akzeptables Niveau zu bestehen. Was hat diese Veranstaltung also vermittelt, weswegen es mit den anderen gleichzusetzen ist? Wieso sollte es eine gleichwichtige Rolle für unser „Standortplanerische Fähigkeit“ spielen wie die anderen klassischen Veranstaltungen? Also, was haben wir gelernt? Wozu haben wir eigentlich so viel Zeit in einer derart ungewöhnliche Veranstaltung investiert?
Es ging, so sind wir uns am Ende unserer Diskussion einig, einzig und allein um die „Wahrnehmung“! Um die Aufnahme und Auswertung der Informationen im Zeitalter der Informationsrevolution, wo die Welt zum „Global Village“ zusammengeschrupft ist. Nach Andreas Kaisers Darstellung in den temporären Gärten, eine Khaki und rostgefärbte Ecke zwischen der „Natur“, der „Industrie“, und einem ständigen „Verkehr“, abgezäunt und um ein Wasservorrat herum !!
Es ist sicherliche eine sehr abstrakte und strenge Darstellung der Situation, aber so ist nunmal die Kunst: Eine Methode mit der man einige Komplikationen einer Situation auchmal übertrieben darstellen kann. Diese, in der menschlichen Evolutionsgeschichte außergewöhnliche Situation ruft auch eine Veränderung der menschlichen Wahrnehmung hervor, inder die „Aufmerksamkeit“ seinen definitiorischen („Zuweisung von -beschränkten- Ressourcen des Gehirns zur Verarbeitung von bewussten Wahrnehmungen und zum Denken“) Bezugspunkt zur realen Umwelt, mit der „Virtuellen“ Substituiert. Sprich, unsere „beschränkten“ Ressourcen müssen wir nun einer zusätzlichen „virtuellen“ Umgebung zuwenden, und somit die Intesität unserer Wahrnehmung für die „reale“ Umwelt, also unsere „Konzentration“ darauf, mehr und mehr nachlässt.
Diese Veranstaltung zeichnete sich durch ihre „freie“ Natur aus. Wir waren kaum an virtuelle Sekundärquellen des Wissens gebunden, sei es nun Bücher, Papers, Powerpointpräsentationen, Internet, oder sonstiges. Vielmehr hat sich die Recherche auf die realen Gegebenheiten unserer realen Umwelt, in diesem Spezialfall der Landschaft bezogen. Eine Gelegenheit die sich im Laufe eines BWL-Studiums für die Wenigsten ergibt. Wir haben gelernt die Landschaft anders Wahrzunehmen. Nicht mehr als Hintergrundbilder unserer Laptops, nicht mehr als Ölgemälde an unseren Wänden, oder als Raum zwischen unserem Zuhause und der Arbeit am Rande des Verkehrs, oder als harmonische Mischung der Farben für unsere Romantik, sondern als Mittelpunkt einer Übung zur vollen Ausschöpfung unserer Wahrnehmungskapazitäten, als Objekt der Erkundung.
Die Relevanz einer solchen Erfahrung bedarf kaum einer Erläuterung. Ob nun als Stadtplaner, Architekt oder Standortplanender BWLer, diese Übung hat eine kompetenzübergreifende Relevanz und lässt seine Wurzeln bis in die „Weltanschauung“ zurückverfolgen. Hier ist aber die fachbezogene Relevanz von Bedeutung. Hierzu eine Frage: Kann ein „Planer“, obnun Stadtplaner, oder Standortplaner ohne seine objektive freie Wahrnehmung der Landschaft trainiert zu haben, etwas planen? Ist seine Bevollmächtigung in die Umwelt in diesen maßen einzugreifen legitim? Wie kompetent ist er, sich an ein CAD-Programm zu setzten und die 1:1000 Virtualisierte Umwelt umzugestalten. Verliert denn seine Wahrnehmung nicht irgendwann an schärfe? Somit stellt sich für uns die Relevanz einer Solchen Veranstaltung erst im nachhinein heraus. Aber wie !!
Um die allgemeinen Fragestellung aufzuspalten, sind einige der räumlichen und sozialen zusammenhänge des Gebiets die wir aber schon im Vortrag vorgestellt haben, in Betracht zu ziehen. Allerdings müssten diese Zusammenhänge um eins erweitert werden: Die geschichtlichen Zusammenhänge, welche vielleicht auf dem ersten Blick eine weniger wichtige Rolle spielten. So haben wir in dieser Veranstaltung festgestellt dass sobald die geschichtlichen Hintergründe eines Gebietes sich herauskristalisiert haben, sind die Zusammenhänge viel besser zu verstehen. Hierzu ist z.B. auf den „Englischen Garten“ Hinzuweisen. Oder der entstandene See, oder etwa unser Fundstück, unser Baum.
Darüberhinaus haben wir auch gelernt, außerhalb unser Quellenverständniss, Geschichte zu lesen. Das war wiederum im Rahmen unserer Wahrnehmungstraining realisierbar.
In der Bibel heißt es „es gibt viele Wege Licht nach Europa zu bringen“. So ist es auch mit den Zugängen zur Stadt und Landschaft. Es gibt eine Vielzahl von Wegen Zugang zu ihr zu finden. Sei es die für uns „klassische“ Literatur, oder die bereits genannte, so wichtige objektive Erkundung und „persönliche“ Auseinandersetzung. Oder aber auch die Ortseinwohnerbefragung. Oder „Interview“s wenn man es so nennen möchte. Wenn man frei in seiner Zugangswahl ist, kommt man zu erstaunlichen Erkenntnissen und somit auch zu einer anderen Wahrnehmung, als man sie zuvor hatte. Man muss nur frei denken können, was ist in unser systematisiertes Umfeld wo die Prozesse immer routinemäßiger ablaufen, schwer zu erstreben ist. Aber gerade das sind die Herausforderungen die solche außergewöhnliche Veranstaltungen zu bieten haben.
Ja, unsere Wahrnehmung hat sich in der Tat verändert. Wir wissen jetzt das es Mutantenbäume existieren, die nicht aussehen wie X-Men. Wir wissen das ein See auch ein ungewolltes Produkt des menschlichen Eingriffs sein kann. Wir wissen das ein Josefshaus mitten in Nirgendwo die wichtigsten Persönlichkeiten der Neuzeitlichen Geschichte gesehen haben kann. Wir haben gelernt dass in einem einfachen Spazierweg hunderte von verschiedenen Pflanzen und Kräutern wachsen die nicht nur die Kühe essen können. Wir haben die Spuren der Industrie am Rande der Natur und seine Wirkung zu verfolgen gelernt. Wir haben auf einem potenziellen Feuerberg gestanden und auf die Sonne gewartet, und während unsere „Zeichen“ davon flogen, gefrühstückt. Wir haben uns mit unseren Paradoxen Wahrnehmungen auseinandergesetzt und schriftlich festgehalten. Wir haben die „Brücke“ zwischen den „finaziellen“, und den „landschaftlichen“ Interessen, in „Rollen“ zur Diskussion gestellt.
Wir haben gelernt, „multidimensional“ und „aus erster Hand“ wahrzunehmen!

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